Samstag, 10. November 2012

Hab mich jetzt voll der ecuadorianischen Gelassenheit hingegeben. Wenn ich Lust auf Blog schreiben hab, dann mach ich das und wenn nicht, dann nicht. Das ist gar nicht so einfach als Europäer, ich hab ja ein Pflichtbewusstsein euch gegenüber :p
Nein, aber vor allem mache ich jetzt einfach immer das, worauf ich Lust habe und was sich anbietet, auch wenn sich vielleicht noch etwas Besseres anbieten würde, aber es wäre hier echt Zeitverschwendung, darauf zu warten. Also lebe ich so in den Tag hinein und wenn mir um 10 Uhr abends noch jemand sagt, dass wir in Quito feiern gehn, dann zieh ich halt meinen Schlafanzug wieder aus, steig unter die Dusche, mach mich fertig und nehme mir ein Taxi nach Quito.
Wo ich mich nun auch dran gewöhnt habe, obwohl ich das ja vorher schon aus Spanien kannte, nur nicht so heftig, ist, dass wenn jemand sagt, dass er auf jeden Fall 100prozentig dieses Wochenende da und da hinfährt, dann heißt das ja, nein oder vielleicht. Aber in den meisten Fällen nein.
Was mich noch verwirrt, besonders wenn ich mit irgendwem in Deutschland irgendwie über Zeiten rede, ist nicht etwa die Zeitverschiebung, sondern der Gebrauch von Zeitangaben wie Morgens, Mittags, Abends. Hier ist das naemlich so:
morgens = mañana = 0Uhr - 12Uhr
tarde = abends =12Uhr- 18Uhr
noche =nachts = 18Uhr-24Uhr

In der Schule fühl ich mich uebrigens total wohl in meiner Klasse. Ich arbeite mit den Kindern zusammen, die leider immer noch nicht bis 10 zählen können oder die Buchstaben kennen.
Das ist echt anstrengend, aber macht auch Spaß, vor Allem, weil die Kids einfach so süß sind. Die 2 aus meiner Klasse, die es überhaupt nicht können, haben beide schon verschimmelte Zähne - irgendwie passt das, hab ich mir gedacht. Andererseits muss ich auch sagen, dass die Kinder ja alle nicht aus dem besten Elternhaus kommen, aber trotzdem ein paar dabei sind, die schon perfekt lesen können, obwohl wir bisher erst 11 Buchstaben gelernt haben. Das ist übrigens ganz lustig für mich, denn ich lern jetzt quasi nochmal lesen, nur auf spanisch :D
Heute haben wir über die Familie in der Schule geredet. Und es war doch ziemlich erschreckend, dass sich bei den Fragen "Trinken eure Väter Alkohol?", "Schlägt der Papa dann die Mama?" und "Schlagen eure Eltern euch?", sich fast alle Kinder gemeldet haben, auch wenn ich natürlich nicht weiß, bei wie vielen das wirklich der Fall ist, denn die Kleinen melden sich einfach gerne.
Auf jeden Fall hab ichs jetzt mal geschafft ein paar Bilder zu machen, hauptsächlich von meiner Klasse:




Am 2. November war hier Dia de los difuntos. Sowas wie Totensonntag bei uns, nur viel größer zelebriert. Traditionell wird dabei die Colada Morada gemacht und Guaguas de Pan. Und ganz traditionell wird das alles auf dem Friedhof verspeist, um es quasi mit den Gestorbenen zu teilen - ein alter Ureinwohner-Glaube, den meine Familie nicht teilt^^
Außerdem haben wir das Ganze auch nicht am 2. November gemacht, sondern schon einen Tag früher, weil da nämlich mein Geburtstag war, den ich also sehr schön mit Salsa und traditioneller Colada morada und guaguas de pan mit der Familie verbracht hab. In der Nacht ging es dannsogar noch auf Reise in den Regenwald mit der anderen Freiwilligen, die für 10 Wochen nun auch noch hier wohnt.

Links die Guagua de Pan und rechts die Colada Morada
                                            




Unsere Reise ging zuerst nach Tena. Nach 4 Stunden Busfahrt waren wir schon da, also von mitten aus den Anden bis in den Regenwald.
Als erstes haben wir den Parque AmaZOOnico uns angeguckt. Ein Stückchen Regenwald, mit Tapiren und anderen Tieren, Tarantelnestern, Blättern, die man kauen kann und süß schmecken, fleißigen Ameisen, wunderschönen einsamen Badestellen am Fluss und viel mehr.
Danach wollte ich mit Linea noch ein Museum über die ansässigen Kichwa-Indianer besuchen. Leider haben wir dieses Museum nie gefunden, sind dafür aber ein bisschen durch die Gegend getrammt und 2 Stunden durch den Regenwald spaziert.





Am nächsten Tag gings dann weiter nach Misahuallí. Dort fließen der Rio Misahualli und der Rio Napo zusammen, die dann weiter zum Amazonas fließen. Zuerst waren wir in den Flüssen baden und haben uns die Affen angeguckt, die dort frei leben. Dann sind wir mit einem Guide im Kanu in eine Indianerkommune gefahren. Die Muyuna leben vom Tourismus und haben uns also ihre Tänze gezeigt und die traditionelle Chicha für uns angefertigt. Die wird aus Yuca oder irgendwas Anderem hergestellt, gekaut, ausgespuckt und dann ist es fertig das Getränk. Die Bewohner dort sind aber inzwischen darauf gekommen, dass die Touris das ziemlich ekelig finden und stampfen das Zeug also, anstatt es zu kauen und auszupucken. Geschmeckt hat´s mir trotzdem nicht^^
Nach dem großen Regenschauer sind wir dann noch zu einem Wasserfall gefahren, was bisher das Beeindruckendste war, was ich gesehen hab. Also zuerst mussten wir eine 3/4 Stunde durch echten Primärregenwald laufen. Es gab einen Weg, der aber aus Wurzeln, Steinen und vor Allem Erde bestand und nach dem heftigen Regen also nicht mehr wirklich begehbar war, bzw. sich in einen Bach verwandelt hatte. Also war der Spaziergang dorthin ziemlich abenteuerlich, aber wunderschön, genauso wie der Wasserfall, wo wir dann noch ausgiebig gebadet haben. Außerdem war es echt so, dass man den Wald betrat und von einer Schicht Wasser überzogen wurde, allein durch die Luftfeuchtigkeit. Die Landschaft war aber einfach unglaublich und die komplette Reise für insgesamt nicht mehr als 50 Dollar nicht zu toppen!
Was mich allerdings doch ziemlich nervt, ist dass Ecuador so leckeren Kaffee hat (ein einziges Mal hab ich ihn getrunken!) und trotzdem kriegt man hier überall immer nur dieses Instant-Zeugs, also egal ob Supermarkt, Hotel oder Restaurant und das ist ehrlich nicht lecker!








Jetzt wollte ich aber doch noch was zum Verkehr hier loswerden. Und zwar ist der so schlimm, dass es Pico y Placa gibt. Das bedeutet, alle Autos haben eine Plakette mit einer Nummer und Mittwochs z.B. duerfen keine Autos mit der Nummer 6 fahren, weil es sonst einfach zu voll waere auf den Strassen und die fahren ja eh wie die Bescheuerten. Also ich hab mich dran gewoehnt, dass ich im Bus manchmal der Person auf der anderen Seite des Fensters, also die im vorbeifahrenden Bus sitzt, naeher bin, als meinem eigentlichen Sitznachbarn und was in Deutschland einspurig waere, ist hier mindestens zweispurig.
Besonders interessant sind aber die Vorfahrtsregeln und das Hupverhalten, was übrigens unmittelbar zusammenhaengt. Denn wer auf eine Kreuzung zufaehrt und zuerst hupt, der hat Vorfahrt - das ist doch wohl klar! Gehupt wird aber auch, wenn man einen Freund sieht, ein europäisches Mädchen, wenn man genervt ist, oder einem einfach danach ist.

Hasta luego!

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